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Qualifizierungsprogramm erarbeiten
Qualifizierungsprogramm erarbeiten
Die groben Zielvorgaben müssen in ein unter pädagogisch-didaktischen Gesichtspunkten entwickeltes Programm übersetzt werden, damit eine betriebsnahe und individuell passgenaue Qualifizierung der Mitarbeiter erfolgen kann. Was dabei zu beachten ist, lässt sich anhand von einigen Schlüsselfragen entwickeln:
- Inhalte und Ziele - Was soll gelernt werden? Welche einzelnen Lerninhalte müssen behandelt werden? Wie ist der Stoff sinnvoll aufzuteilen bzw. zu gliedern (Lernsystematik)? Welche fachliche Tiefe ist notwendig? Wodurch ist die angestrebte Kompetenz beschreibbar?
- Methoden - Wie soll gelernt werden? Welche Lernmittel müssen entwickelt werden? Welche Aufgaben lassen sich direkt im Arbeitsprozess bearbeiten? Für welche Probleme braucht man eine Art parallele Pro¬zessumgebung? In welcher Detaillierung ist die parallele Umgebung herstellbar? Sind ergänzende Seminare wichtig? Wie hält man bei der dortigen Wissensvermittlung den Bezug zur Praxis aufrecht? Wie vermeidet man Theorielastigkeit und stellt doch genug Zusammenhang her? Welche personelle und organisatorische Unterstützung brauchen die Teilnehmer (Lernbegleiter)?
- Ort und Zeit - Wo und wann wird gelernt? Welche Arbeitsplätze sind von ihrer Struktur her als Lernorten geeignet? Kann der Arbeitsprozess dort so modifiziert werden, dass die Zeit fürs Lernen bleibt? Muss man auf Rand- und Frei-Zeiten bzw. parallele Strukturen ausweichen (s.o.)? Wo und wann finden die Vertiefungsseminare statt? Lassen sich Lernabschnitte definieren, die an keine bestimmte zeitliche Reihenfolge gebunden sind (Module oder Bausteine)? Welche Lernzeiten sind für die Teilnehmer insgesamt einzuplanen? Wie lässt sich trotzdem der betriebliche Arbeitsablauf sicherstellen?
Eine verbreitete Möglichkeit, das Leitbild des arbeitsorientierten Lernens didaktisch umzusetzen, bieten Arbeits- und Lernaufgaben. (Sehr ähnlich angelegt sind „Arbeits- und Lernprojekte“. Allerdings herrschen dort höhere Anforderungen an die Fähigkeit der Teilnehmer, sich selbst zu organisieren.)
Bei Arbeits- und Lernaufgaben werden in der Regel die Lernorte Arbeitsplatz und Seminar miteinander kombiniert:
- Sie enthalten Aufgabenstellungen aus dem Arbeitsprozess.
- Sie sind nach ihrer Lernhaltigkeit aufbereitet.
- Das erforderliche Fachwissen wird dabei identifiziert, so dass es als Voraussetzung der Aufgabenbearbeitung in entsprechenden Kursen vermittelt werden kann.
- Die Arbeits- und Lernaufgabe wird nach der Vermittlung des Fachwissens am Arbeitsplatz bearbeitet.
Dort, wo grundlegendes Fachwissen erst noch aufgebaut werden muss, verknüpfen die Arbeits- Lernaufgaben auf didaktisch sinnvolle Weise beide Lernorte:

Die wichtigsten Merkmale von Arbeits- und Lernaufgaben bestehen darin, dass sie
- Arbeiten und Lernen verknüpfen,
- aus realen betrieblichen Arbeitsaufträgen bzw. Aufgabenstellungen entwickelt werden,
- einen konkreten Nutzen haben,
- von Einzelpersonen oder im Lernteam umgesetzt werden können,
- sich durch ein angemessenes Anforderungsniveau auszeichnen,
- Gestaltungsspielraum besitzen und
- selbstgesteuertes Lernen fördern.
(vgl. Waldemar Bauer, Claudia Koring, Meike Schnitger, „WAP - Weiterbildung im Prozess der Arbeit, Erfahrungen und Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung“. Vortrag auf der WAP-Fachtagung am 19.05.2006, S. 20)

Die Struktur einer Arbeits- und Lernaufgabe folgt dem didaktischen Modell der Vollständigen Handlung: Arbeitsabläufe einer komplett zu Ende geführten beruflichen Handlung bestehen nach diesem Modell aus sechs Schritten: Informieren, Planen, Entscheiden, Ausführen, Kontrollieren, Bewerten.
Jede Arbeits- und Lernaufgabe besteht aus einem Teil Arbeit und einem Teil Lernen. Die Bandbreite reicht von Aufgaben mit reinem Arbeitsbezug, d.h. es wird eine reale Arbeitstätigkeit im Betrieb in den Schritten durchgeführt, die das Modell der vollständigen Handlung vorgibt, bis hin zu Aufgaben mit reinem Lernbezug. Dabei geht es in der Regel um die selbständige Erarbeitung von Fachwissen. Der Lernende durchläuft auch bei diesem Aufgabentyp die gleichen Prozessschritte.
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Berufspädagogik und Betriebe haben in den vergangenen Jahren zahlreiche neue Konzepte entwickelt, die für die betriebliche Bildung Geringqualifizierter genutzt werden können. Ausführliche Informationen dazu bietet das Kapitel Umsetzungsbeispiele und Instrumente.
Zur Verknüpfung von Arbeiten und Lernen mittels Lern- und Arbeitsaufgaben:
- Herbert Loebe, Eckart Severing (Hrsg.) (2005)
Ausbilden mit Lern- und Arbeitsaufgaben "Leitfaden für die Bildungspraxis" (f-bb), Band 11, Bielefeld (Bertelsmann)
- Herbert Loebe, Eckart Severing (Hrsg.) (2005)
Prozessorientierung in der Ausbildung - Ausbildung im Arbeitsprozess "Wirtschaft und Weiterbildung" (f-bb), Band 39, Bielefeld (Bertelsmann)
Zu betrieblichen Lernmethoden:
- Eine Besprechung betrieblicher Lernmethoden enthält die BIBB-Expertise "LERNORT BETRIEB: Berufliche Qualifizierung von benachteiligten Jugendlichen. Methodische Ansätze für Ausbilder und Ausbilderinnen". Die Expertise können Sie sich herunterladen (Download als PDF, 977KB).
- Eine ausführliche Darstellung des Lernens im Arbeitsprozess finden Sie in Abschnitt 3.2 des Handbuchs "Neue Wege zum Berufsabschluss". Ein Handbuch zur berufsbegleitenden Nachqualifizierung an- und ungelernter (junger) Erwachsener. Bonn, Berlin, Nürnberg, Frankfurt/Main, 1999. Herausgeber: Bundesministerium für Bildung und Forschung, Bundesinstitut für Berufsbildung, Bundesanstalt für Arbeit, Institut für berufliche Bildung, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik GmbH (INBAS).
- Informationen darüber, wie Lernen am Arbeitsplatz stattfinden kann, enthält die Internetseite www.ausbildernetz.de.
- Eine Darstellung der Lernmethoden im Betrieb, die bei einer Nachqualifikation für an- und ungelernte Frauen zur Kauffrau für Bürokommunikation der bfz Bildungsforschung verwendet wurden, Leitfaden (Download als PDF, 29KB). Krings, Ursula; Oberth, Christa; Zeller, Beate: Modulare Nachqualifizierung im Betrieb. Ein Leitfaden für die Praxis. Bertelsmann, Bielefeld 2001. Kapitel 4.
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