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Lern- und Arbeitsauftrag
Lern- und Arbeitsauftrag
Ein wesentlicher Aspekt des arbeitsorientierten Lernens ist der Lern- und Arbeitsauftrag (im Weiteren LAA genannt). Die nachfolgenden Ausführungen orientieren sich an den Ergebnisberichten zum Modellversuch Lernen im Arbeitsprozess (LiA), durchgeführt vom Internationalen Bund/Berufsbildungszentrum Jena.
Weitere Informationen zum Modellversuch "Lernen im Arbeitsprozess" finden Sie unter Qualifizierungsprojekte.
Der Begriff des Lern- und Arbeitsauftrags in einem Qualifizierungsprojekt hat vier verschiedene, auseinander ableitbare, Bedeutungsaspekte.
- Wenn eine reale Arbeitsaufgabe als Lerngelegenheit genutzt wird, wird aus dem reinen Arbeitsauftrag ein Lern- und Arbeitsauftrag, eine lernhaltige Problemstellung des Arbeitsprozesses.
- Damit anhand eines Auftrags etwas gelernt werden kann, d.h. ein Wissens- und Kompetenzzuwachs stattfindet, wird der reale Auftragssachverhalt didaktisch aufbereitet: Der Auftrag wird in definierte Teilschritte zerlegt, Leitfragen werden formuliert, Material wird zur theoretischen Fundierung und Leitfäden für die Lernbegleitung bereitgestellt. Um das Lernpotential eines Arbeitsauftrags für die Lernenden zu erschließen, wird also ein Set von Lernmaterialien zu einem Arbeitsauftrag benötigt.
- Der Arbeitsauftrag macht erkennbar, welche Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten die Lernenden am Ende erwerben sollen: Er beschreibt damit das Ergebnis des Lernprozesses.
- Der Lern- und Arbeitsauftrag bietet Möglichkeiten zum Lerntransfer, wenn er nicht an einen einzelnen konkreten Arbeitsprozess gebunden ist. Bei der didaktischen Aufbereitung ist es daher wichtig, branchen- und unternehmensbereichsspezifische Grundmuster von Problemstellungen des Arbeitsprozesses zu finden, die leicht auf konkrete Einzelfallsituationen anpassbar sind.
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Wie aus einem alltäglichen Arbeitsauftrag ein Lernauftrag wird, zeigt folgendes Vorgehen:
- Systematisierung und Strukturierung anhand des Modells der Vollständigen Handlung
Das Modell der Vollständigen Handlung gibt für die Bearbeitung einer Aufgabe/eines Auftrags ein Sechs-Phasen-Raster vor: INFORMIEREN – PLANEN – ENTSCHEIDEN – AUSFÜHREN – KONTROLLIEREN – BEWERTEN. Die LiA-Dokumentation 3, S. 22ff. erläutert zusammenhängend, welche Aktivitäten zu jeder Phase des Modells der Vollständigen Handlung gehören. Um gerade die Handlungsphasen "Informieren" und "Planen" vollständig zu erfassen, empfiehlt es sich, den Auftrag in Unteraufträge zu gliedern. Dies macht es den Lernenden leichter, bei der Klärung von Einzelheiten die Übersicht zu behalten. Das Beispiel „Badrenovierung“ veranschaulicht die Unterteilung in Detailaufträge (siehe LiA-Dokumentation 3, S. 20ff.Download).
- Theorie: so viel wie nötig zur korrekten Ausführung der Arbeitsaufgaben
Ein weiteres didaktisches Prinzip spielt bei der Konstruktion von Lern- und Arbeitsaufträgen ebenfalls eine wichtige Rolle: Die theoretischen Inhalte werden in Bezug auf die auszuführenden Tätigkeiten erarbeitet. Die Fragestellung für die Eingrenzung der Theorie lautet: „Welche (neuen) theoretischen Kenntnisse werden benötigt, um die Arbeitstätigkeiten ausführen zu können?“ (LiA-Dokumentation 3, S. 25)
Auf diese Weise bleibt der Lern- und Arbeitsauftrag überschaubar: Die Theorie bezieht sich unmittelbar auf die Arbeitsaufgaben. Die Zeit zur Erarbeitung der Theorie bleibt in einem ausgewogenen Verhältnis zu der Zeit, die die Arbeiten selbst brauchen. Um alle erforderlichen Theoriefelder abzudecken – wie im Modellversuch Lernen im Arbeitsprozess, wo es um einen Berufsabschluss ging – werden gezielte Variationen eines Lern- und Arbeitsauftrags verwendet.
- Lern-Auftrag und Arbeits-Auftrag: Grund- und Zusatzinformationen
Zum erstmaligen Erarbeiten von Qualifikationen dient ein Lern-Auftrag - ein Auftrag, an dem in erster Linie gelernt wird. Zum Einüben, Vertiefen und Erweitern werden zum gleichen Thema weitere Arbeits-Aufträge benutzt, die den ersten Lernauftrag variieren und ergänzen oder einen Transfer auf neue Anwendungssituationen erfordern. Ein Beispiel zur Unterscheidung in Lernauftrag und Arbeitsauftrag gibt die LiA-Dokumentation 3, S. 27f.
- Lern-Auftrag: Vorgehen zur Erarbeitung eines Lernauftrags
Über einen Lern-Auftrag steigt ein Teilnehmer in eine neues Aufgabenfeld ein. Der didaktischen Aufbereitung eines Lern-Auftrags kommt deshalb besondere Bedeutung zu. Es empfiehlt sich, dafür ein einheitliches Schema zugrunde zu legen, um die Qualität der Lern-Aufträge sicherzustellen. Einen Vorschlag zu solch einem Schema bietet die LiA-Dokumentation 3, S.30 f.: Schema zur Aufbereitung eines Lernauftrags.
- Materialien zum Lern-Auftrag: Anforderungen + Beispiel Stahlbetonherstellung
Den Schritten des Schemas folgend werden vom Team der Ausbilder und Berufspädagogen Unterlagen erstellt: Formulare, Textmaterial, Fachliteratur und Leitfragen. Damit erarbeiten sich die Teilnehmer das nötige Fachwissen (Lern-Komponente). Die Unterlagen sollen aber auch dazu anleiten, wie man den Auftrag sachgemäß ausführt (Arbeits-Komponente). Im Band 4 der Materialien zum Modellversuch Lernen im Arbeitsprozess, Gestaltung von Lernmaterialien, S. 13, ist in kurzer Form erläutert, worauf es bei der Erstellung der Lernauftragsmaterialien ankommt. Die angesprochenen Unterlagen zur Stahlbetonherstellung und die zum Lern-Auftrag gehörenden Bearbeitungsformblätter für das Modul 5 mit dem Thema Beton- und Stahlbetonherstellung finden sich dort im Anhang, Lernauftrag 5.4, ab Seite 47Download.
- Die Zusammenfassung der Methode der Lern- und Arbeitsaufgaben mit Leitfragen zur Auswahl, Gestaltung und Durchführung lerngeeigneter Arbeitsaufgaben und mit einem Leitfaden zur Auftragsbearbeitung im Betrieb aus der BIBB-Expertise Lernort Betrieb: Berufliche Qualifizierung von benachteiligten Jugendlichen. Methodische Ansätze für Ausbilder und Ausbilderinnen können Sie als Download als PDF, 49KB hier herunterladen
Ähnlich wie die o.g. Anforderungen an Lernmaterialien beschreibt das Werkzeug "Leittext" aus der FILIP-Toolbox, wie die Lernmaterialien eines Lern- und Arbeitsauftrags aufgebaut und gestaltet sein sollten (Download).
Die Leittextmethode mit Zitaten aus der BIBB-Expertise "Lernort Betrieb: Berufliche Qualifizierung von benachteiligten Jugendlichen. Methodische Ansätze für Ausbilder und Ausbilderinnen" können Sie hier als Download als PDF, 107KB herunterladen.
Eine Variante zu Lern- und Arbeitsaufträgen bzw. -aufgaben stellt die Methode „Erkunden und Präsentieren“ dar. Lernende sollen an das selbständige Erfassen, Dokumentieren, Bewerten und Präsentieren von Gegenständen, Erscheinungen oder Vorgängen der beruflichen oder betrieblichen Realität herangeführt werden (Download als PDF, 44KB).
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