Viele Unternehmen in verschiedenen Branchen sind von einer hohen Veränderungs- und Innovationsdynamik geprägt, die zu einschneidenden Neuerungen in Arbeitsabläufen und betrieblichen Prozessen führen: Traditionelle Anforderungsniveaus von Arbeitsplätzen werden ausdifferenziert, Aufgabenzuschnitte, Tätigkeitsbereiche und Qualifikationsanforderungen ändern sich. In modernen Betriebsstrukturen wird inzwischen von jedem Mitarbeiter ein breites Kompetenzspektrum erwartet. Auch in Tätigkeitsbereichen unterhalb der Facharbeiterebene müssen Mitarbeiter wechselnde Aufgaben beherrschen, flexibel einsetzbar sein und über grundlegende fachliche und überfachliche Qualifikationen verfügen.
Diesen neuen betrieblichen Anforderungen können gering qualifizierte Mitarbeiter nur bei entsprechender Qualifizierung gerecht werden. Deshalb gewinnt die betriebliche Weiterbildung auch für diese Mitarbeitergruppe zunehmend an Bedeutung.
Der
Personalverantwortliche eines kleinen Personaldienstleisters:
„Unsere Belegschaft muss flexibel einsetzbar sein. Das heißt
jetzt nicht, dass wir nur noch Fachkräfte brauchen. Aber Anlernen
wie bisher reicht einfach nicht mehr.“
Der
Ausbildungsleiter eines mittleren Automobilzulieferers:
„Wir werden in unserem Unternehmen die Produktionsabläufe neu
gestalten. Damit fallen immer mehr einfache Tätigkeiten weg oder
werden integriert. Wie können wir unsere An- und Ungelernten für
höher qualifizierte Tätigkeiten fit machen? Welche
Fördermöglichkeiten gibt es für berufliche Qualifizierung?“
Stellvertretender
Geschäftsführer der ARGE Fürth:
„Vielen unserer Kunden fehlt es an grundlegenden beruflichen
Qualifikationen, die heute nötig sind, um auf dem Arbeitsmarkt
dauerhaft Fuß zu fassen. Wir denken deshalb darüber nach,
zukünftig modulare, arbeitsintegrierte Qualifizierungen zu
fördern.“
Die
Personalverantwortliche eines mittelständischen Unternehmens:
„Durch neue Montagesysteme werden Montageabläufe komplexer, heute
sitzen die Damen nicht mehr an einem Tisch und die eine macht das
eine Rädchen rein und die nächste das nächste. Jetzt geht es hin
zu Komplettmontage, der Werker montiert das Getriebe von Anfang
bis Ende und übernimmt auch Prüftätigkeiten, dadurch steigt die
Qualität. Da wir in der Montage langjährige ungelernte oder
angelernte Mitarbeiter haben, die wir nicht verlieren, sondern
deren Fachwissen und Berufserfahrung wir weiterhin nutzen wollen,
macht es dieser steigende Anspruch notwendig, die Mitarbeiter zu
qualifizieren.“
Die
Geschäftsführerin eines mittelständischen Unternehmens:
„Für uns ist das Wichtigste überhaupt, dass wir durch die
Qualifizierung von eigenen Mitarbeitern keine neuen Leute
einstellen müssen und vom Markt Leute suchen müssen, die wir in
aller Regel hier in unserer Region nicht finden. Das ist das
Wichtigste für unser Unternehmen überhaupt. Was natürlich auch
nicht unwesentlich ist, ist die Bindung an unser Unternehmen, die
wir durch eine Qualifizierung kriegen.“
"Die Problemgruppe des Arbeitsmarktes!" - dieses Urteil über Geringqualifizierte wird von vielen geteilt.
Aber stimmt das wirklich? "Vieles spricht dafür, dass eine Qualifizierung dieser Zielgruppe dazu beitragen kann, gegebene oder erwartbare Lücken in den betrieblichen Fachkräftestrukturen zu schließen." Zu diesem Ergebnis kommt Lutz Galiläer im Abschlussbericht einer Bedarfsstudie zu diesem Thema. Den Endbericht können Sie sich hier herunterladen (Download als PDF, 1336KB).
Auf das Qualifizierungspotential Geringqualifizierter verweisen auch Analysen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB): Den Kurzbericht Ausgabe Nr. 18 / 26.9.2007 können Sie sich beim IAB als PDF herunterladen: Der Trend bleibt - Geringqualifizierte sind häufiger arbeitslos"
Siehe dazu auch den Artikel von Reinberg, Alexander (2004): Geringqualifizierte - Modernisierungsverlierer oder Bildungsreserve? In: H. Loebe & E. Severing (Hrsg.), Zukunft der einfachen Arbeit. von der Hilfstätigkeit zur Prozessdienstleistung, (Wirtschaft und Weiterbildung, 31), Bielefeld: Bertelsmann, S. 61-75.
Für Personalverantwortliche im Unternehmen oder in einer ARGE stellt sich somit die Frage, wie durch maßgeschneiderte Qualifizierung angelernte Beschäftigte oder arbeitslose junge Erwachsene ohne Ausbildung entsprechend weiterqualifiziert werden können. Klassische Qualifizierungsstrategien, die auf kurze Anlernzeiten setzen, reichen hier nicht aus.
In enger Zusammenarbeit mit Unternehmen, Bildungsdienstleistern und anderen Akteuren beruflicher Weiterbildung wurden in den letzten Jahren im Rahmen verschiedener Forschungsprojekte und Modellversuche des Bundesinstituts für Berufsbildung ( BIBB) verschiedene Ansätze zur beruflichen Nachqualifizierung entwickelt und erprobt. Diese Qualifizierungsmodelle zielen darauf ab, berufsrelevante Kompetenzen möglichst arbeitsplatznah und zugeschnitten auf den jeweiligen Betrieb zu vermitteln. Hierzu gehört auch das Konzept der modularen betriebsnahen Qualifizierung. Ziel dieses Konzepts ist es, Geringqualifizierte mit der Unterstützung von Bildungsdienstleistern möglichst betriebsnah zu qualifiziertem Fachpersonal weiterzuentwickeln, um hierdurch
In der Förderinitiative "Abschlussorientierte modulare Nachqualifizierung" des Programms "Perspektive Berufsabschluss" des Bundesministeriums für Bildung und Forschung bauen deutschlandweit regionale Initiativen Netzwerke auf, um den Anteil von Jugendlichen und jungen Erwachsenen ohne Berufsabschluss deutlich zu senken und ihre Zukunftschancen zu verbessern. Diese werden dabei vom Forschungsinstitut Betriebliche Bildung wissenschaftlich begleitet. Informationen zum Projekt finden Sie auf den Seiten des f-bb.
Einen Überblick über Modellprojekte zur berufsbegleitenden Nachqualifizierung des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) finden Sie unter www.berufsabschluss.de.
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